Freitag, Januar 28, 2011

Tron: Legacy - Reboot mit neuem Chip


USA 2010

++1/2

Als Anfang der achtziger Jahre die virtuelle Realität eines Computerprogramms erstmals zum Inhalt eines aufwändigen Kinofilms wurde, waren die Reaktionen eher verhalten. Mag Tron seiner Zeit voraus gewesen sein, sein Nachfolger ist es nicht, auch wenn er ebenfalls hübsch anzusehen ist. Weiterlesen auf Koeln.de.

Dienstag, Januar 25, 2011

Hereafter - Das Leben danach


USA 2010

++1/2

In seinem neuem, von der Struktur an Babel angelehnten Zwei-Kontinente-Stück „
Hereafter widmet sich Altmeister Clint Eastwood der Frage, was uns nach dem Tod erwartet und wie wir als Angehörige mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen. Dass er dem Zuschauer keine einfachen Antworten aufzwingt oder das komplexe Thema auf eine religiöse Deutung einengt, ist seinem Film hoch anzurechnen. Getragen von einem starken Ensemble – darunter Matt Damon und Cécile de France – weicht das angenehm ruhig inszenierte Drama jedoch nicht immer jeder Peinlichkeit aus.

Filmkritik:

Clint Eastwood hat eine beeindruckende Karriere hinter sich. Vom Westernheld, Rechtsaußen und „Dirty Harry“-Darsteller gelang dem inzwischen 80-jährigen Eastwood der Wandel zu einem allseits respektierten und von nicht wenigen gefeierten Filmemacher, dessen Ansichten zunehmend liberaler erscheinen. Zumindest setzte in seinen Arbeiten mit dem Alter eine besondere Nachdenklichkeit ein. Mal ging es dabei um die Bedeutung von Freundschaft (Million Dollar Baby), von Toleranz (Gran Torino) oder auch um den Beweis von Mut in dunklen Zeiten (Invictus). Diese Reise entlang menschlicher Grundfragen musste ihn fast zwangsläufig an den Punkt führen, der unser aller Leben betrifft und der für die einen das Ende und für andere nur der Beginn von etwas Neuen markiert. Obwohl der Tod und das Abschiednehmen unübersehbar im Zentrum von Hereafter stehen, beschäftigt sich Eastwoods Film weniger mit religiösen Betrachtungen als mit den sehr realen Folgen für die Betroffenen und ihre Angehörigen.

Ein intensives Nahtoderlebnis verändert das Leben der erfolgreichen TV-Journalistin Marie (Cécile de France). Bei dem verheerenden Tsunami von 2004 – im Film beeindruckend nachgestellt dank aufwändiger Computereffekte – wird die junge Frau von der Flutwelle erfasst und unter Wasser gedrückt. Für kurze Zeit sieht es danach aus, als ob sie die Katastrophe nicht überleben wird. Später erinnert sie sich an eine seltsame, fast schon unheimliche Szenerie. Während andere um ihr Leben kämpften, sah sie in ein helles, irritierend gleißendes Licht. Sie spürte, dass sie nicht alleine war und doch kann sie hinterher nicht genau sagen, was in diesem Augenblick mit geschah. Marie macht sich von da an auf die Suche nach Antworten. Auf dieser Reise mit einem – soviel sei verraten – angenehm offenen Ende begleitet sie der Zuschauer, der noch zwei andere Einzelschicksale kennenlernt.

George (Matt Damon) hat zu den Verstorbenen eine besondere Verbindung entwickelt, was sein geschäftstüchtiger Bruder (Jay Mohr) nur zu gerne vermarkten würde. Doch George sieht seine außergewöhnliche Gabe eher als Fluch, weshalb er sich aus dem einträglichen Geschäft mit Jenseits-Kontakten lieber heute als morgen zurückziehen will. Unterdessen verliert in London ein Junge (Frankie/George McLaren) durch einen tragischen Unfall seinen Zwillingsbruder. Es ist traumatisches Ereignis, dass ihn fortan nicht mehr loslässt. Er will wissen, was mit seinem Bruder genau geschah und vor allem wie es ihm heute geht.

Nachdem Hereafter zunächst etwas schematisch zwischen den drei Erzählsträngen, zwischen Kalifornien, Paris und London, hin- und herwechselt, laufen im Finale dann alle Fäden an einem Ort zusammen. Mit der Verdichtung auf einen Schauplatz ist zugleich eine Verknüpfung der losen Enden verbunden wie man sie bereits aus Filmen wie Babel und L.A. Crash kennt. Auch Eastwood ist dabei nicht von peinlichen Sentimentalitäten gefeit. Untermalt von einem aufdringlichen Streicherarrangement finden George und Marie schließlich zusammen. Das ansonsten um eine vielschichtige und differenzierte Sichtweise auf ein schwieriges Thema bemühte Skript von Peter Morgan (Die Queen, Frost/Nixon) vergisst hier für einen Moment jede Zurückhaltung. Dass überdies Georges besondere Fähigkeit mehrmals als rein funktionales Plot-Element eingesetzt wird, ist ziemlich offensichtlich.

Sieht man von diesen und einigen anderen Schönheitsfehlern ab – die ideenlose Visualisierung des Jenseits ist für eine solche Produktion enttäuschend –, so drehte Eastwood allerdings einen durchaus packenden, intensiven Film, der sich viel Zeit für seine Charaktere nimmt und auch vor langen, bisweilen unbequemen Diskussionen nicht zurückschreckt. Besonders eine Unterhaltung zwischen George und seiner Kochkurs-Bekanntschaft Melanie (Bryce Dallas Howard) fasst die Agenda des Films sehr anschaulich zusammen. Interessant ist, dass Hereafter jede allzu religiöse Deutung verwirft und stattdessen den entschiedenen Zweifel in Bezug auf ein Leben nach dem Tode betont.

Erschienen bei Programmkino.de.

Mittwoch, Januar 19, 2011

Black Swan - Talk a Walk on the Dark Side


USA 2010

+++

Für Nicht-Interessierte scheint das Ballett lediglich eine langweilige, unfreiwillig komische Hüpferei mit reichlich prätentiösem Habitus zu sein. Selbst mit der Kommerzialisierung der Klassik in den vergangenen Jahren hat sich dieses Bild kaum gewandelt. Ballett gilt als verstaubt, uncool und auch ein bisschen albern. Insofern dürfte es Darren Aronofskys Psycho-Thriller Black Swan beim Publikum sicherlich nicht leicht haben. Und in der Tat: Es wird viel getanzt, viel inszeniert und viel an einzelnen Schritten und Passagen gearbeitet – vor, auf und hinter der Bühne. Tschaikowskis Musik zur "Schwanensee"-Aufführung ist dann auch allgegenwärtig und dabei mehr als nur das musikalische Leitmotiv des Films.

Es schimmert eine dunkle Seele durch das hindurch, was uns Aronofsky hier im Mikrokosmos des New Yorker City Ballett so kunstvoll arrangiert vorlegt. Die junge, überaus ehrgeizige Tänzerin Nina (Natalie Portman) ergattert in der Neuinszenierung von "Schwanensee" die Rolle ihres Lebens. Sie soll sowohl den weißen als auch den schwarzen Schwan verkörpern, wobei letzteres sie zunächst vor scheinbar unüberwindbare Probleme stellt. Ihr Mentor, der neue Leiter des Balletts, Thomas Leroy (Vincent Cassel) ermutigt Nina immerzu, sich auch ihren verborgenen Ängsten und Leidenschaften zu stellen. Nur so könne sie auf der Bühne ganz in der Rolle des schwarzen Schwans versinken. Allerdings begibt sie sich bei ihren Versuchen zunehmend auf dunkle, verworrene Pfade, die sie allmählich an ihrem Verstand zweifeln lassen.

Aronofsky nimmt das Konzept des Psycho-Thrillers bisweilen wörtlich, wenn er Nina durch ein mysteriöses, nur auf den ersten Blick real anmutendes Labyrinth jagt, in dem augenscheinlich ihr Unterbewusstsein regiert. Schon die verwinkelten Gänge der Oper sind mehr Irrgarten als bloße Kulisse. Ohnehin ist jede einzelne Einstellung bis ins kleinste Detail durchdacht. Das zeigt sich bereits an der Anordnung der unzähligen Spiegel, vor denen es kein Entkommen gibt. Ständig wird das Geschehen von einem oder mehreren Spiegel reflektiert. Mal betrachtet sich Nina selber, mal bilden die Glasflächen im Hintergrund eine Kopie der Realität ab, welche später sogar ein beunruhigendes Eigenleben entwickelt. "Mirrors" wäre irgendwie auch ein passender Filmtitel.

Die geradezu obsessive Beschäftigung mit dem eigenen Ich und dessen symbolischer Doppelung ist jedoch nur eine von vielen Lesarten, die Black Swan anzubieten hat. Aronofsky spielt mit Ninas sexueller Entwicklung, wenn er sie im eigenen Kinderzimmer vor den Augen rosaroter Plüschfiguren masturbieren lässt (welche später wenig liebevoll entsorgt werden). Wir sehen eine junge Frau, die auf der Suche nach ihrer eigenen Identität und Sexualität ist. Bei den harten Proben geht es zudem auch immer um Selbstbehauptung, um Konkurrenz – hier in Gestalt der schönen Mila Kunis, die als Ninas neue Kollegin Lily für Verwirrung sorgt – und um ein fast schon pathologisches Streben nach Perfektion. Man kann aus dem Film dann auch einen bösen, bissigen Kommentar zum überall propagierten Leistungs- und Verwertungsgedanken herauslesen. Es dürfte kein Zufall sein, dass sich Aronofskys bisherige Filme allesamt einer betriebswirtschaftlichen Vorgabe und dem Diktat einer möglichst leichten Konsumierbarkeit entzogen haben.

Black Swan, der sich natürlich auch als geradliniger Thriller mit Lesbo-Touch anschauen lässt, hat überdies viel mit seinem Vorgänger gemein. Wenngleich das in The Wrestler dokumentierte White-Trash-Milieu so ziemlich das genaue Gegenteil von dem ist, was Aronofsky dieses Mal einfängt – die Oper und das Ballett als Orte der Hochkultur –, so blicken beide Filme doch auf ein ähnliches Schicksal. Auch Nina entgleitet allmählich die Kontrolle über ihr Leben, wobei sie anders als Randy "The Ram" Robinson eher an disziplinärem, von der Mutter befeuertem Übereifer und weniger an Disziplinlosigkeit leidet. In der filmischen Umsetzung dieses Kontrollverlusts lassen sich zwischen beiden Filme durchaus spannende Parallelen konstruieren. Dazu gehören die bewusst fragilen Handkameraaufnahmen, die Nina respektive Randy oftmals nur von hinten zeigen. Der Zuschauer soll nur das sehen, was sie gerade sehen, so dass er ihre Perspektive letztlich übernimmt. In einem Film, der als Reise in das Unterbewusstsein konzipiert ist, stellt sich natürlich immer die Frage, was tatsächlich echt ist und was lediglich der Fantasie der Hauptfigur entspringt.

Vor allem aber fühlt man sich bei Black Swan an Dario Argentos Suspiria erinnert, und das obwohl Aronofsky weder Argentos auffälliges Farb- und Sounddesign noch dessen okkulten Budenzauber übernimmt. Bereits das Ballett-Thema und manche Querbezüge in den Figuren genügen, um von der New Yorker Oper in den Schwarzwald zu gelangen. Ob sich Aronofskys elegant-verstörender Psychotrip ebenso hartnäckig im Herzen vieler Genrefans festsetzen kann, bleibt abzuwarten. In jedem Fall darf sich Natalie Portman berechtige Hoffnungen auf einen Goldjungen machen, womit sie ihre Vorgängerin Jessica Harper schon einmal ziemlich alt aussehen lassen würde.

Für BlairWitch.de.

Freitag, Januar 14, 2011

The Green Hornet - Insekt mit Vaterkomplex


USA 2010

+++


Die Filmgeschichte ist um einen Superhelden reicher. Im neuesten 3D-Vehikel aus Hollywood mischt eine grüne Hornisse die Unterwelt von L.A. auf. Mit von der Partie sind Comedy-Star Seth Rogen (Beim ersten Mal), Cameron Diaz und Oscar-Preisträger Christoph Waltz. Für Kurzweil scheint somit gesorgt. Zur Kritik auf Koeln.de.

Mittwoch, Januar 12, 2011

Love and other Drugs - Nebenwirkungen inklusive


USA 2010

++1/2

Er ist ein von sich mehr als überzeugter Frauenversteher, sie eine echte Kämpfernatur. Was passiert, wenn diese beiden Charaktere aufeinander treffen und sich ineinander verlieben, zeigt diese charmant-lässige Romanze. Ist die Geschichte auch weniger originell, als sie es vermutlich gerne wäre, so gefällt der Film nicht zuletzt aufgrund seiner erstklassigen Darsteller. Insbesondere Anne Hathaway darf sich erneut berechtige Hoffnungen auf eine Oscar-Nominierung machen.

Filmkritik:

Es ist die Geschichte von „Boy meets Girl“: Jamie (Jake Gyllenhaal), ein erfolgreicher Pharmavertreter, der mit seinem unwiderstehlichem Charme so ziemlich jede Frau um den Finger wickeln kann, trifft auf Maggie (Anne Hathaway), die sich von nichts und niemandem in ihr Leben reinreden lässt. Sie erscheint gegenüber Fremden stark und selbstbewusst, dabei fühlt sie sich mitunter ziemlich schwach und hilflos. Das hängt vor allem mit ihrer Parkinson-Erkrankung zusammen. Maggie ahnt, dass die Krankheit sie immer mehr in ihren Gewohnheiten einschränken wird. Nach außen hin hält jedoch ihr Schutzpanzer. Gerade weil Maggie sich zunächst ziemlich unbeeindruckt von Jamies Avancen zeigt, weckt dies dessen Jagdinstinkt.

Von der ersten Begegnung dürfte nicht nur Maggie und Jamie klar sein, dass sie füreinander bestimmt sind. Auch der Zuschauer spürt, dass hier zwei Menschen aufeinander treffen, die etwas verbindet, was sich nur schwer in Worte fassen lässt. Egal wie man es nennt, Jake Gyllenhaal und Anne Hathaway transportieren genau dieses Gefühl – er gibt den Sunnyboy, sie den verletzlichen Freigeist –, wobei der Funke immer wieder glaubhaft zwischen ihren beiden Figuren überspringt. Maggie kann nicht ohne Jamie und umgekehrt. Damit ist zugleich schnell erklärt, warum „Love and other Drugs“ als eigentlich recht klassisch angelegte romantische Komödie so gut funktioniert. Das Ergebnis kann höchstens deshalb überraschen, wenn man bedenkt, dass mit Edward Zwick ein bislang eher action-orientierter Filmemacher („Glory“, „Last Samurai“) auf dem Regiestuhl Platz nahm.

Obwohl Maggies Erkrankung ziemlich viel Raum einnimmt, läuft der Film nie Gefahr, sich in der Sentimentalitätsfalle zu verfangen. Das liegt zuerst an Anne Hathaway und ihrer mutigen Darstellung einer mit sich und ihrem Schicksal ringenden jungen Frau. Dass sie Maggie nicht allein über die sichtbaren Symptome ihrer Krankheit definiert, ihr zugleich eine widersprüchliche Persönlichkeit schenkt, das macht ihr Schauspiel erst wirklich sehenswert. Ob dahinter bloßes Kalkül steckt – die Oscar-Jury liebt bekanntlich solche Rollen –, ist letztlich zweitrangig.

Auffallend ist dennoch, wie sehr Love and other Drugs einem anderen Oscar-Liebling des vergangenen Jahres ähnelt. Mit Jason Reitmans Up in the Air hat Zwicks bittersüße Lovestory einiges gemein. Jake Gyllenhaals Jamie ist anfangs ein ähnlich cooler, gerissener Blender wie der von George Clooney so überzeugend verkörperte Downsizing-Spezialist. Beide Figuren durchlaufen zudem in etwa dieselbe Entwicklung. Sie lernen, in ihrem Leben neue Prioritäten abseits des von Rastlosigkeit geprägten Jobs zu setzen. War das bei Reitman noch mit einer unmissverständlichen Kritik an einem Wirtschaftssystem verbunden, das den einzelnen Menschen ausschließlich als Kostenfaktor betrachtet, so dient die Pharmaindustrie mit ihren Marketing-Auswüchsen hier allenfalls als Zielscheibe für gemäßigten Spott und Häme.

Abseits der für das Genre eher ungewöhnlichen Parkinson-Thematik und des latenten Indie-Anstrichs unterscheidet sich Love and other Drugs nicht wesentlich von anderen romantisch eingefärbten Hollywood-Geschichten. Es findet sich sowohl ein schräger Sidekick – in diesem Fall Jamies pummeliger Bruder Josh (Josh Gad) – als auch ein ziemlich absehbares Wohlfühl-Ende. Das Meiste ist also weder neu noch sonderlich spannend. So wie die zwei Hauptdarsteller miteinander harmonieren, sieht man aber selbst dem Gewohnten gerne zu.

Für Programmkino.de.

Sonntag, Januar 09, 2011

Devil - Wenn der Teufel Aufzug fährt


USA 2010

++1/2

Fünf Menschen sitzen in einem Aufzug fest. Eine alte Frau, eine junge Frau, ein Wachmann, eine Quasselstrippe und ein Schweiger. Einer von ihnen ist der Teufel. An diesem düsteren Geheimnis lässt Devil schon in seinem Titel keinen Zweifel. Und damit beginnt ein fröhliches Ratespiel, bei dem die Frage, wer der fünf Eingeschlossenen Höllenfürst ist, vom Zuschauer von einem Verdächtigen zum nächsten in Gedanken durchgespielt werden kann. Natürlich legt der Film auf dem Weg zur Lösung manch falsche Fährte, wobei es ihm letztlich nicht gelingt, mit seiner ziemlich vorhersehbaren Auflösung für eine Überraschung oder gar echte Verwunderung zu sorgen. Dafür sind die einzelnen Puzzleteile der von Mystery-Filmer M. Night Shyamalan erdachten Story zuvor einfach viel zu schlampig gemischt worden.

Das fängt mit der tragischen Vergangenheit von Polizei-Ermittler Detective Bowden (Chris Messina) an, die bereits in der Einleitung derart überbetont wird, dass man nicht anders kann, als sie fortan im Hinterkopf zu behalten und Bezüge zu den im Aufzug eingeschlossenen Charaktere herzustellen. Als Shyamalans Sprachrohr und personifiziertes Voice Over installierten der Sixth Sense-Schöpfer und sein Autor Brian Nelson den religiösen, mexikanischen Wachmann Ramirez (Jacob Vargas). Dieser darf nicht nur die Geschehnisse kommentieren, er nimmt den Ausgang des Belzebub-Angriffs praktisch vorweg, was der Suspense nicht wirklich zuträglich ist.

Gleichwohl macht Devil durchaus Spaß. Der im Wesentlichen auf ein Hochhaus konzentrierte Okkult-Thriller verzichtet auf allen unnötigen Ballast, der anderen Genre-Vertretern nicht selten anhängt. Seine in 80 kompakte Minuten gepresste Story wird gradlinig, fast schon schnörkellos erzählt. Spielereien – aber auch Innovatives – sucht man hier vergebens. Allein die Kamera von Tak Fujimoto findet immer wieder atmosphärische Bilder und schöne Einstellungen wie die auf den Kopf gestellte Skyline Philadelphias oder die lange, hypnotische Fahrt durch den Aufzugsschacht, die das nächste Unheil ankündigt.

Shyamalans Idee und deren Umsetzung durch Quarantäne-Regisseur John Erick Dowdle entspringt der Vorstellung eines erweiterten Kammerspiels. Zwar wird die bedrohliche Enge der nur wenige Quadratmeter großen Fahrstuhlkabine anders als bei „Buried“ regelmäßig aufgebrochen, viel weiter als einen Häuserblock entkommt aber kaum eine Einstellung der dämonischen Menschenjagd, deren kalkulierte Schocks hier nach bewährten Mustern abgespult werden. In die Schablone des Genres fügen sich die einzelnen Figuren widerstandslos ein. Neben dem Klischee vom desillusionierten Cop findet sich in Devil eine Vielzahl bekannter Stereotypen. Gleich fünf von ihnen wurden von Shyamalan in den zum Höllentour umfunktionierten Aufzug eingesperrt.

Dass die Eingeschlossenen und ihr Handeln hauptsächlich als Zahnräder im großen Drehbuch-Getriebe wahrgenommen werden, erweist sich mitunter als hinderlich. Waren wir bei Buried noch ganz nah bei dem um sein Leben kämpfenden Ryan Reynolds, ist hier stets eine gewisse Distanz spürbar. Diese unsichtbare Grenze mag nicht zuletzt aus der aufgebauten Whodunit-Konstellation resultieren. Schließlich wollen sich nur die wenigsten mit einem Charakter identifizieren, der wenig später bereits als Fürst der Finsternis enttarnt wird. Dadurch kann der Film nie so ganz sein irgendwo zwischen erster Idee und finaler Umsetzung verloren gegangenes Potenzial ausspielen. Statt atemloser Spannung bietet Shyamalans okkulter Belzebub-Thriller eher ein temporeiches, durchaus unterhaltsames Potpourri aus Ratequiz und Bibelstunde.

Letzteres war ein unverzichtbares Element fast aller bisherigen Shyamalan-Arbeiten. Mal beherrscht der Glauben an ein Leben nach dem Tod (The Sixth Sense) seine Filme, dann wiederum kreisen seine Geschichten um den Verlust des Glaubens (Signs) oder die Suche nach der eigenen – spirituellen – Identität (Unbreakable). Dieses Mal geht es um Vergebung und Buße und damit um insbesondere im Christentum verankerte Themen. Dabei schließt Devil mit einer versöhnlichen, angenehm einfachen Pointe, in der die gesamte religiöse Dialektik auf den Punkt gebracht wird. Dort, wo Schatten ist, muss auch Licht sein und ohne eine Idee vom Guten wüssten wir vermutlich nicht, wie sich das Böse anfühlt. Für Shyamalan ist der Glauben der Kompass zwischen diesen beiden Welten. Schon deshalb ist Devil ein durch und durch amerikanischer Film.

Erschienen bei BlairWitch.de.

Mittwoch, Januar 05, 2011

Burlesque - Möchtegern-Musical in Michael-Bay-Optik


USA 2010

++

Cher und Christina Aguilera sind die Stars dieses bunten und bisweilen recht trashigen Zwitters aus dem längst zum Kultfilm avancierten Showgirls und dem Oscar-Abräumer Chicago. Für Burlesque – soviel dürfte klar sein – wird es weder für das eine noch das andere am Ende reichen. Zur Kritik auf Koeln.de.

Dienstag, Januar 04, 2011

Der Auftragslover - Französische Variation


F 2010

+++

Aus Frankreich kommt diese schwer unterhaltsame, frische und temporeiche Liebeskomödie, die trotz vorhersehbarem Ausgang und weitgehend bekannter Rollenverteilung das steife Schema vergleichbarer Produktionen durchbricht. Vor der mondänen Kulisse des Fürstentums Monaco erzählt Der Auftragslover von einem professionellen Herzensbrecher und seiner nicht ganz einfachen Mission. Inmitten mediterraner Lebenslust und heißer „Dirty Dancing“-Einlagen entdecken Romain Duris und Vanessa Paradis die Vorzüge einer zunächst erzwungenen Zweisamkeit.

Filmkritik:

einst Heinz Rühmann. Für Alex (Romain Duris) ist es in gewisser Hinsicht der Leitfaden seines beruflichen Alltags. Denn der schöne Alex arbeitet als professioneller Herzensbrecher oder – wie es der verunglückte deutsche Filmtitel ausdrückt – als „Auftragslover“, der gegen ein entsprechendes Salär Frauen die Augen öffnen und den Mann an ihrer Seite als den größten Fehler ihres Lebens enttarnen soll. Seine Masche scheint nicht unbedingt originell, doch sie funktioniert – meistens. Zusammen mit seiner Schwester Mélanie (Julie Ferrier) und deren Mann Marc (François Damiens) nimmt er nicht ganz freiwillig einen durchaus kniffligen Auftrag an.

Alex soll die Millionärstochter Juliette (Vanessa Paradis) wenige Tage vor deren Hochzeit verführen und so die vielleicht verborgenen Zweifel an der Heirat ihres attraktiven aber doch ziemlich langweiligen Verlobten schüren. Niemand anderes als Juliettes Vater (Jacques Frantz) hat Alex für dieses heikle Unterfangen engagiert. Er will nicht, dass seine Tochter einen Mann heiratet, den sie tief in ihrem Herzen eigentlich nicht liebt. Um diese Vorgabe zu erreichen, müssen Alex und seine Helfer sämtliche Register ziehen. Zu spät wird unserem Auftrags-Romeo dabei bewusst, dass er sich schon längst in sein Zielobjekt verknallt hat.

Es gibt sie noch. Romantische Komödien, die witzig, charmant und bisweilen sogar originell auf ihr vorhersehbares Ziel zusteuern. Die mit viel Tempo erzählte Geschichte des professionellen Herzensbrecher Alex sollte dank ihrer jederzeit witzigen Einfälle selbst notorische RomCom-Muffel begeistern können. Allein der Aufbau und die Durchführung der einzelnen Verführungsattacken lässt einen unentwegt schmunzeln. Dazu bietet der Film – vermutlich sehr zur Freude der meisten Zuschauerinnen – eine Schmachtüberdosis, wenn Alex und Juliette plötzlich in die Fußstapfen von Patrick Swayze und Jennifer Grey treten und ganze Szenen aus Dirty Dancing nachtanzen. Regisseur Pascal Chaumeil, der beim großen Luc Besson in die Lehre ging, versteht es, die Ideen des Autorentrios Laurent Zeitoun, Jeremy Doner und Yoann Gromb bestmöglich zu verkaufen, so dass man nie das Gefühl hat, hier würden nur die üblichen Zutaten eines ansonsten ziemlich innovationsfeindlichen Genres zusammengerührt.

Hinzu kommt, dass sich der Film einfach wunderbar ansehen lässt. Diese Beobachtung betrifft nicht nur die beiden Hauptdarsteller, die füreinander eine glaubhafte Anziehung entwickeln, sondern auch die Bilder von Kameramann Thierry Arbogast. Das mondäne Flair der Côte d’Azur und ihres Millionärs-Hot-Spots Monte Carlo bildet die perfekte Kulisse für Alex’ virulentes Gefühlschaos, das sich zunehmend schwerer kontrollieren lässt. Dabei weicht Der Auftragslover gleichwohl nur unwesentlich von den Vorgaben anderer romantischer Komödien ab. Auch Chaumeil vertraut der bewährten Balance aus Kitsch und Komik, wobei letzteres hier mit viel Esprit und französischer Leichtigkeit präsentiert wird. Ein Remake aus Hollywood, was angesichts der gefälligen Grundidee recht wahrscheinlich erscheint, dürfte es schwer haben, das Original mit seinem mediterranen Flair zu übertreffen. Überdies sind Romain Duris und Vanessa Paradis ein mehr als hinreißendes Paar, dem man wünschen würde, das es nicht von den üblichen Verdächtigen (Katherine Heigl, Jennifer Aniston, Ashton Kutcher) kopiert wird.

Für Programmkino.de.